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Müdigkeit am Steuer ist eine unterschätzte Gefahr. Regelmäßige Pausen können helfen. Foto © ZVA/Skamper

Spezialbrille gegen Sekundenschlaf

Brille oder Kontaktlinsen können längst schon weitaus mehr als Fehlsichtigkeiten korrigieren: Sie lassen ihre Träger mittels virtueller Realität vom heimischen Sofa aus in andere Welten eintauchen, sind Kommunikationsmittel oder dienen medizinischen Therapiezwecken. Eine spezielle Brille soll nun dem gefährlichen Sekundenschlaf am Steuer entgegenwirken.

Die Zahlen sind alarmierend: Bei einer Umfrage gaben 26 Prozent von 1.000 befragten Autofahrern an, bereits mindestens einmal am Steuer eingeschlafen zu sein. Allein in den ersten Monaten des Jahres 2018 häuften sich die Unfallmeldungen, bei denen Sekundenschlaf eine Rolle spielte. Viele Autohersteller bieten bereits serienmäßig Müdigkeitswarnsysteme an. Diese sind aber nicht immer zuverlässig, eine Kameralösung, die zum Beispiel den Wimpernschlag oder die Mimik des Fahrers filmt, konnte sich bislang nicht durchsetzen.

Intelligente Brille

Eine spezielle Brille soll nun helfen, rechtzeitig vor drohendem Sekundenschlaf zu warnen. Über Bewegungs- und Kamerasensoren soll diese erkennen, wenn der Fahrer öfter blinzelt, die Augen schließt oder gar das Kinn auf die Brust sinkt. Ein optisches und/oder akustisches Signal soll ihn im Fall von drohendem Sekundenschlaf sofort wecken und zu einer Pause bewegen. Die Brille wird von einem französischen Start-up im 3D-Druck hergestellt und soll zunächst bei französischen Augenoptikern erhältlich sein.

Unterschätzte Gefahr: Sekundenschlaf

Laut Statistischem Bundesamt gab es 1.871 müdigkeitsbedingte Unfälle mit Personenschaden im Jahr 2016 – die Dunkelziffer dürfte jedoch weit höher sein, da hier nur Unfälle einflossen, bei denen der Fahrer selbst zu Protokoll gab, dass er übermüdet war. Auch Sachschäden aufgrund von Sekundenschlaf sind hierbei nicht erfasst. Durch Sekundenschlaf verursachte Unfälle sind meist deshalb überproportional schwer, weil laut ADAC bereits eine Sekunde Unaufmerksamkeit bei Tempo 130 bedeutet, dass man 36 Meter im Blindflug fährt, bei fünf Sekunden Schlaf sind es 181 Meter. So kommen Fahrzeuge bei hoher Geschwindigkeit oft ungebremst von der Fahrbahn ab und/oder kollidieren mit Gegenständen oder anderen Fahrzeugen. Nicht nur der Sekundenschlaf ist gefährlich, sondern schon die Übermüdung, die sich ähnlich auswirken kann wie Alkohol am Steuer. Auch unterschätzten laut ADAC viele Fahrer die Gefahren von Müdigkeit am Steuer und glaubten, sie könnten den Sekundenschlaf sicher vorhersehen und noch rechtzeitig entgegenwirken. Dem sei aber nicht so. Das einzige, was hilft: schlafen. Dabei kann aber schon ein etwa 20-minütiges Nickerchen in Kombination mit einem zuvor getrunkenen Kaffee hilfreich sein.

Nicht nur Müdigkeit ist gefährlich

Grundsätzlich sollte jeder Verkehrsteilnehmer einmal jährlich beim Augenoptiker seine Sehfähigkeit überprüfen lassen. Denn nicht nur der Sekundenschlaf ist am Steuer weit verbreitet, sondern auch ganz allgemein schlechte Sicht und damit auch eine verlangsamte Reaktionsfähigkeit, weil der letzte Sehtest Jahre zurückliegt und der Fahrer entweder inzwischen erstmalig eine Brille benötigt oder seine bisherigen Gläser nicht mehr die passenden Werte haben. Auch wenn es vermutlich noch etwas dauert, bis die Müdigkeits-Warnbrille den deutschen Markt erreicht: Der Augenoptiker kann zum Beispiel mithilfe spezieller Autofahrergläser zumindest schon für optimale Sicht, auch bei schwierigen Witterungsverhältnissen, sorgen.

 

18.07.2018